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"Hausgeburt mit Sicherheitsschirm"

Städtische Frauenklinik mit Hebammenkreißsaal (Stuttgarter Nachrichten, 2007)

Hebamme Janine Spengler bei den Vorbereitungen © Foto: Leif Piechowski

Am 1. August heben die Hebammen der Städtischen Frauenklinik im Krankenhaus Bad Cannstatt "ihr Baby" aus der Taufe. Auf ihre Initiative hin wird ein Hebammenkreißsaal eingerichtet, in dem Frauen in hausgeburtsähnlicher Atmosphäre entbinden können. Bisher gibt es nur in Norddeutschland drei vergleichbare Einrichtungen.

Der Hebammenkreißsaal "ist schon unser Kind", sagen Andrea Bosch und Elfriede Lochstampfer, die leitenden Hebammen der Frauenklinik, im Namen ihrer 30 Kolleginnen. Seit gut einem Jahr gingen die Hebammen mit ihrer Idee schwanger. "Etwa zehn Prozent der Frauen wollen eine Geburt, bei der möglichst wenig Technik im Spiel ist", sagt Andrea Bosch.

Bisher mussten diese Frauen in speziellen Geburtshäusern entbinden. Bei Komplikationen wird in solchen Fällen allerdings der Transport der Schwangeren oder des Neugeborenen in eine Fachklinik notwendig. Mit dem neuen Konzept, das die Frauenklinik anbietet, sollen solche Nottransporte der Vergangenheit angehören.

"Das Konzept Hebammenkreißsaal erlaubt eine möglichst medizinfreie Geburtsbegleitung und gleichzeitig Eingreifmöglichkeiten bei Komplikationen", sagt Professor Ulrich Karck, Ärztlicher Direktor der Frauenklinik. Er spricht von einem "Sicherheitsschirm", den die Klinik, der zudem eine Perinatalstation für Problemgeburten angegliedert ist, jederzeit aufspannen kann. Die Frauenklinik des Klinikums Stuttgart ist mit etwa 2500 Geburten pro Jahr die größte Geburtsklinik in baden-Württemberg und die Nummer fünf in Deutschland.

Insgesamt begrüßt der Chefarzt die Initiative seiner Hebammen ausdrücklich. "Sie passt sehr gut zum Credo unseres Hauses, möglichst natürliche Geburten anzubieten und auf die Bedürfnisse der Frauen einzugehen." Zudem sieht Karck mit dem Hebammenkreißsaal nun das Spektrum der Geburtshilfe in der Frauenklinik erweitert.

Auch die Pflegedienstleitung des Krankenhauses Bad Cannstatt hat sich inzwischen die Idee der Geburtshelferinnen zu Eigen gemacht. "Es ist der Traum jeder Hebamme, eigenständig eine Geburt von A bis Z zu betreuen", sagt die Pflegedirektorin Elisabeth Hückelheim.

Frauen, die im Hebammenkreißsaal gebären wollen, müssen zwischen der 27. und 32. Schwangerschaftswoche und nach der 36. Schwangerschaftswoche zwei Vorgespräche in einer neu eingerichteten Hebammensprechstunde führen. Dort wird anhand eines vierseitigen Fragenkatalogs, den die Hebammen gemeinsam mit Ärzten und Kinderärzten entwickelt haben, ermittelt, ob eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Solche Frauen werden auf die Entbindung in einem normalen Kreißsaal verwiesen, von denen es in der Frauenklinik vier weitere gibt.

Bisher existiert das Konzept Hebammenkreißsaal nur in Bremerhaven (seit 2003) und zweimal in Hamburg (seit 2004).

Anmeldungen zur Hebammensprechstunde sind unter 07 11 / 52 05 - 31 40 möglich. Am Dienstag, 12. Juni, gibt es um 19 Uhr im Krankenhaus Bad Cannstatt eine öffentliche Vortragsveranstaltung zum Thema Hebammenkreißsaal. Unter anderem berichtet der Chefarzt der Frauenklinik Hamburg-Harburg über Erfahrungen. © Klaus Eichmüller, Stuttgarter Nachrichten, 2007


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